Die Behandlung und langfristig ausgerichtete Therapie der Post-COVID-19-Erkrankung, allgemein bekannt als Long-COVID, hat im Gesundheitssystem immer noch wenig Priorität. Auch ist wesentlich mehr Unterstützung für diejenigen notwendig, die aufgrund von Long-COVID nicht mehr arbeitsfähig sind. Mitarbeiter*innen im Gesundheitssystem benötigen in besonderem Maße Hilfe.
von Iris Haarland, HEALTH-COACHING.com (c)
Seit 2021 sind die Langzeiteffekte einer SARS-CoV-2 Infektion bekannt. Die Symptome, Beeinträchtigungen und Organschäden sind Wochen, Monate und noch Jahre nach der akuten Infektion deutlich. Sie betreffen die Blutgefäße, das Herz, die Lunge, die Bauchspeicheldrüse, die Nieren, die Leber, den Magen- und Darm sowie das Nervensystem. Die häufigsten der insgesamt 200 bislang gefundenen Symptome sind Atembeschwerden, Geruchs- und Geschmacksbeeinträchtigungen, Müdigkeit, Kopfschmerzen, Konzentrations- und Gedächtnisstörungen, z.B. auch Wortfindungsstörungen sowie Schlafprobleme u.a.
Betroffen sind nach internationalen Studien insgesamt 10 Prozent der Infizierten. Doch eine Kohortenstudie aus der Schweiz, veröffentlicht im Mai 2023, kommt zu dem folgenden Ergebnis:
- Nach 6 Monaten sind 23 Prozent der Menschen mit einer SARS-CoV-2 Infektion noch nicht vollständig genesen.
- Nach 12 Monaten haben 18,5 Prozent der Infizierten noch Symptome und
- nach 24 Monaten noch 17, 2 Prozent.
- Bei 5,2 Prozent der Menschen mit SARS-CoV-2 Infektion verschlechterte sich der Gesundheitsstatus insgesamt sogar. 4,4 Prozent berichtete über wechselnde Perioden von Genesung und immer wieder auftretenden Phasen mit Erkrankungssymptomen.
- Long-Covid-Symptome und -Erkrankungsfolgen sind bei 18 Prozent der nicht Geimpften nach zwei Jahren und länger noch erkennbar.
Besonders tragisch ist die Situation unter den Pflegekräften und dem ärztlichen Personal. In den Niederlanden waren bis Januar 2022 250.676 der Pflegekräfte im Alter zwischen 18 und 69 Jahren positiv auf SARS-CoV-2 getestet (Stichtag 18. Januar 2022, Quelle: RIVM, Rijksinstituut voor Volksgezondheid en Milieu / CBS statline). Mindestens 2000 dieser Beschäftigten im Gesundheitswesen hatten sich ratsuchend an die niederländischen Gewerkschaften gewendet, da sie aufgrund von Long-COVID langfristig arbeitsunfähig bleiben. Sie benötigen ganz dringend Unterstützung.
Nach wie vor besteht weltweit ganz dringender Bedarf zur Forschung, Planung und Umsetzung von Strategien zur Prävention wie zur Krankheitsbewältigung und Therapie der Langzeitfolgen einer SARS-CoV-2-Infektion.
Mein Appell an die politischen Entscheidungsträger*innen im Gesundheitssystems lautet deshalb:
1. Primärprävention
|> Gut dosierte Bewegung ist eines der besten Medikamente, die uns zur Verfügung stehen, um generell den Gesundheitsstatus der Menschen zu verbessern. Dieses Medikament ist evidenzbasiert.
|> Es versteht sich also von selbst, dass Sport und Bewegung sowie überhaupt die Möglichkeit, Sport und Bewegung in den Alltag integrieren zu können, eine ganz zentrale Rolle einnehmen muss.
|> In Bewegung sein / sein können ist ein Job für jeden Einzelnen von uns, aber auch ein Auftrag an Arbeitgeber*innen, Städtebauplaner*innen und Gesundheitsexpert*innen. Machen Sie das möglich!
2. Sekundär- und Tertiärprävention
|> Wir benötigen dringend die Erforschung der Möglichkeiten von sekundären und eine tertiären Präventionsstrategien zur Behandlung von Long-Covid.
|> Regelmäßige medizinische Checks und Behandlung der Langzeitfolgen einer Covid-19-Infektion sind unbedingt erforderlich.
|>Die Krankenkassen müssen einen gesonderten Long-Covid-Check als Präventionsleistung anbieten. Dieser muss als Standard u.a. die Überprüfung der Thrombosewerte mit beinhalten.
Die im Juli 2023 beschlossene Long COVID-Initiative des deutschen Bundesministerium für Gesundheit (BMG) ist ganz sicher ein wesentlicher, wichtiger Schritt in die richtige Richtung. So will das BMG ab 2024 die versorgungsnahe Forschung zu Long COVID mit EUR 21 Mio. fördern und zusätzliche Forschungsprojekte mit EUR 20 Mio. über den Gemeinsamen Bundesausschuss unterstützen. Auch soll ein runder Tisch den Austausch von Betroffenen mit Expertinnen und Experten fördern.
Auch in den Niederlanden startet das Ministerim für Volksgesundheit, Wohlbefinden und Sport (VWS) ein neues Kompetenzzentrum für die Erforschung von Post-Covid, das “Post-COVID: onderzoeksprogramma, kennisinfrastructuur en expertisenetwerk” (Post-COVID: Forschungsprogramm, Wissensinfrastruktur und Kompetenznetzwerk). Ziel des neuen Programms ist die Verbesserung des Wissens und der Expertise zur Diagnose, Behandlung und Verbesserung der Versorgung von Menschen mit Post-COVID. Für das Programm stehen bis Ende 2027 insgesamt 32,25 Millionen Euro zur Verfügung.
Die ersten Reaktionen auf die deutsche Initiative sind vorerst zurückhaltend, denn die zur Verfügung gestellten Finanzmittel scheinen knapp bemessen. Die Betroffenen brauchen vor allem auch sofort Hilfe. Sie können ganz sicher nicht warten, bis die ersten Resultate der geplanten Forschungsvorhaben publiziert sind.
Deshalb ist systemische und methodische Kreativität sowie (Sofort-)Initiative gefragt, um sowohl die Primär-, als auch die Sekundär- und Tertiärprävention zu verbessern.
Literaturangabe zur Studie aus der Schweiz:
doi: 10.1136/bmj-2022-074425
Bundesministerium für Gesundheit Gesundheit Gesundheitsförderung Health Coaching Long COVID Politik Prävention Public Health Therapie
Deshalb benötigen wir jetzt eine Strategie die Menschen dabei hilft mit denFolgen von Long-COVID umzugehen. Wir benötigen eine Strategie zur Sekundär- und Tertiärprävention der Langzeitfolgen einer SARS-CoV-2 Infektion (